Die letzten Tage fühlten sich an, als hätte das Leben das Drehbuch eines Katastrophenfilms geschrieben – nur ohne Popcorn. Verluste, Überforderung, eskalierende Konflikte. Alles in meinem Umfeld. Nur ich? Ich war das Auge im Sturm. Und ehrlich: Das ist ungewohnt. Früher hätte ich mich mitten hineingestürzt, hätte versucht, alle Feuer gleichzeitig zu löschen, Lösungen zu finden, das Chaos irgendwie zu ordnen. Heute nicht mehr.

Vielleicht kennst du dieses Gefühl, wenn um dich herum alles brennt und du spürst: „Ich muss was tun, ich kann doch nicht einfach zusehen.“ Wir sind so schnell in diesem Retter-Modus. Ich war Meisterin darin. Wenn es meinen Lieben schlecht ging, habe ich rotiert, geplant, organisiert. Habe ihre Sorgen zu meinen gemacht, bis ich selbst völlig leer war. Damals fühlte sich das nach Liebe an. Heute weiß ich: Liebe heißt nicht, sich selbst aufzugeben.

Dieses Mal habe ich bewusst anders gehandelt. Ich war da, habe zugehört, gehalten, aber ich habe nicht übernommen. Kein Helikopter, kein „Ich finde die Lösung für dich“. Ich habe den Raum gehalten, ohne mich darin zu verlieren. Und weißt du was? Die Welt ist nicht zusammengebrochen. Im Gegenteil – sie haben ihre Wege gefunden. Weil sie stark sind. Weil jeder von uns stark ist, auch wenn wir’s im Sturm manchmal nicht glauben.

Und vielleicht ist das die eigentliche Erkenntnis: Wir müssen nicht retten. Wir dürfen mitfühlen, ohne mitzuleiden. Wir dürfen an der Seite bleiben, ohne uns in den Kampf zu werfen. Nicht aus Egoismus, sondern aus Liebe – zu uns selbst und zu denen, die wir begleiten. Denn ihr Weg gehört ihnen. Wir können ihn nicht für sie gehen, so sehr wir es manchmal möchten. Aber wir können ihnen zeigen, dass wir da sind, wenn es dunkel wird, und ihnen zutrauen, dass sie ihre eigenen Schritte finden.

Vielleicht erlebst du das gerade auch: Überall scheinen Stürme zu toben, alte Wunden reißen auf, Menschen geraten an ihre Grenzen. Es ist nicht nur dein Umfeld – es ist gerade eine Zeit, die vieles aufbricht. Wir sind kollektiv in einem Wandel, und der rüttelt an unseren Sicherheiten. Was nicht mehr passt, wird sichtbar, manchmal brutal. Das ist anstrengend, ja. Aber es ist auch eine Chance.

Und wenn du gerade das Auge im Sturm bist, vergiss eines nicht: Deine Ruhe ist kein Stillstand. Sie ist Kraft. Sie ist wie ein Leuchtturm in der Nacht, der nicht versucht, die Wellen zu bändigen, sondern einfach leuchtet. Still, unerschütterlich, und genau deshalb finden andere den Weg ans sichere Ufer.

01.08.2025